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Koreanisch und andere Sprachen
#31
(07.12.2012, 11:57)Kuwolsan schrieb: Nehmen wir als Beispiel die Schlagzeile der heutigen Ausgabe der Arbeits-Zeitung:

백두산대국의 위대한 영상이신 김정일대원수님은 태양으로 영생하신다

Der Satz besteht hauptsächlich aus Wörtern chinesischen Ursprungs, man könnte die Schlagzeile auch so schreiben:

白頭山大國의 偉大한 映像이신 金正日大圓手님은 太陽으로 永生하신다.

statt 大圓手 (grosse runde Hand) müßte es eher heißen 大元帥 (Großmarshall), wenn ich das vom Chinesischen aus betrachte.
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#32
Ich weiß nicht, ob das Koreanische wirklich so lautarm ist. Es ist schließlich ein ganz andere Sprachfamilie als das Chinesische.
Und was das Chinesische anbelangt, so hat wohl vor allem das Hochchinesische eine sehr begrenzte Anzahl von Silben. Andere Dialekte haben auch mehr. Und frühere Sprachstadien wohl auch. Deswegen hörten sich im Altchinesischen viele Wörter sicherlich nicht gleich an, die heutzutage gleich klingen. Aber das ist OT.

Meine Frage bleibt aber: Wie werden in Nordkorea die Unklarheiten vermieden, deretwegen man in Südkorea die chinesischen Zeichen einsetzen muss?

Und ich habe noch eine weitergehende Frage: Rolle sprach von einer "Sprachreform". Was wurde da alles reformiert? Wurden nur die chinesischen Zeichen abgeschafft, oder auch noch andere Sachen verändert?
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#33
Nein, sagte mir bisher nichts. Aber sie überschlagen sich ja manchmal mit Lobpreisungen, ohne dass es einen sachlichen Bezug gibt. Die Bezeichnung " Grossmarschall " ist ja ( bisher ) auch ohne Bezug. Der einzige Generalissimus der mir spontan einfällt war Stalin...

Dein Satz " Wohin gingst du gestern ? " ist ja nun ohne Objektbezug, da sind Hanjas wirklich selten. Wie oft habe ich " Pägopha " gehört wenn die Essenszeit herankam ... Big Grin
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#34
(07.12.2012, 16:45)Schwabe schrieb: Und was das Chinesische anbelangt, so hat wohl vor allem das Hochchinesische eine sehr begrenzte Anzahl von Silben. Andere Dialekte haben auch mehr. Und frühere Sprachstadien wohl auch. Deswegen hörten sich im Altchinesischen viele Wörter sicherlich nicht gleich an, die heutzutage gleich klingen. Aber das ist OT.

Tendenziell gibt es in den chinesischen Dialekten eher noch weniger Laute als im Hochchinesischen. Zwar gibt es Shanghai einen Laut, der wie das deutsche "ö" klingt, aber in vielen Teilen Chinas gibt es kein "r", "n" und "l" ist in Teilen Zentral- und Südwestchina nicht unterscheidbar, und "sh" und "ch" (entsprechend dem deutschen sch und tsch) gibt es z.B. in Sichuan auch nicht.

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Eine kleine Geschichte, die die Schwierigkeit der Zuordnung koreanischer Schrift zu chinesischen Zeichen verdeutlicht:

Die chinesichen Zeichen 日 (Sonne, Tag) und 一 (eins) werden im Koreanischen beide Il (일) ausgesprochen.
Bis Ende der 70er Jahre war vom Kim Jong Il in der Öffentlichkeit wenig bekannt, vor allem gab es noch keine chinesischsprachigen Publikationen aus Nordkorea, in denen Kim Jong Il erwähnt wurde.
In Medienberichten aus Japan und Südkorea wurde Kim Jong Il damals 金正一 geschrieben.
Im Oktober 1980 fand der 6. Parteitag der PdAK statt, zum Abschlußtreffen wurden Diplomaten und Vertreter ausländischer Medien eingeladen.
Auf diesem Treffen trat Kim Jong Il das erste Mal vor eine internationale Öffentlichkeit. Gao Qiufu, der Journalist von Xinhua fragte bei dem Treffen den Leiter der Informationsabteilung des koreanischen Außenministeriums, es müßte doch chinesische Zeichen für den Namen Kim Jong Il geben. Der Angesprochene wandte sich an das Präsidium des Treffens und bekam von dort die offizielle Auskunft, Kim Jong Il wird in chinesischen Zeichen 金正日 geschrieben. Von diesem Tag an wird diese standardisierte Schreibweise in allen chinesischssprachigen, japanischen und südkoreanischen Medien verwendet.
Bei chinesischen Namen spielt ja auch die Bedeutung immer eine Rolle, "Aufrechte Sonne" klingt als Name sehr viel besser als "Aufrechte Eins".

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Im deutschen Wikipedia steht, 1964 hat Nordkorea die chinesischen Schriftzeichen wieder eingeführt. Dies ist doch wohl eine Fehlinformation? Oder die Wiedereinführung wurde später wieder rückgängig gemacht.
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#35
Welche chin. Zeichen wurden für Kim Jong Il in China vor 1980 verwendet??

Mit welchen chinesischen Zeichen die Namen der Brüder von Kim Jong Il, nämlich vom Kim Pyong Il und Kim Yong Il (nachwievor) geschrieben werden, ist dir wohl auch bekannt?!
(> 김평일 = 金平一 = Kim P'yŏng'il)

Und du weißt sicher auch, nach welchen Regeln die Namensgebung in Korea funktioniert?

Bei der öffentl. Vorstellung Kim Jong Ils beim Parteitag am 6. Okt. 1980 wurde sein Name mit dem "Tag"/"Sonne"-Zeichen vorgestellt, um den Charakter als Nachfolger Kim Il Sungs stärker zu unterstreichen.

Zu Kim Il Sung:
dem sein ursprünglicher Name ist ja "Kim Song Ju".
In "with the century" erklärt Kim Il Sung selber, dass ihm Freunde/Mitstreiter in der Mandschurei den rein koreanischen Nicknamen "Han Byol" gaben. (Han Byol kann man gar nicht mit chin. Zeichen schreiben und bedeutet ein(1) Stern). Später änderten sie seinen Nicknamen von "Han Byol" auf "Il Sung". Beides hat die gleiche Bedeutung: 1 Stern
"Il Sung" sind die sinokoreanischen Wörter für ein Stern , in chinesischer Schrift: "一星".
Später wurde der Name wieder geändert, diesmal aber die Phonetik beibehalten, nur die Bedeutung auf: "Vollendung des Tages" (oder so ähnlich) = "Il Sung" = "일성" = "日成"
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#36
In Ostasien sind Namen recht "unverbindlich", im China vor der Befreiung war es absolut normal, daß ein Name im Leben ein oder mehrmals geändert wurde. Erst mit der Einführung der Namensregistrierung bei Einwohnermeldeämtern hat sich das geändert.
Zum Glück gibt es in Korea nicht die Unsitte, sich "englische" Namen zuzulegen. In China weiß man nie, wie rechtsgültig eine Unterschrift ist, wenn z.B. ein Hr. Zhu einen englischen Vertrag mit Ben Zhu (klanggleich mit 苯猪 = dummes Schwein) unterschreibt Big Grin

(08.12.2012, 18:11)Kuwolsan schrieb: Welche chin. Zeichen wurden für Kim Jong Il in China vor 1980 verwendet??

Darüber hat Gao Qiufu nichts geschrieben, und ich habe auch sonst nichts gefunden. Wahrscheinlich wurde Kim Jong Il in China gar nicht erwähnt, solange er nicht offiziell von koreanischer Seite eingeführt wurde.
Vor 1980 gab es ja nur ganz wenige chinesische Zeitungen, mit minimalen internationalen Nachrichten, wenn überhaupt.

(08.12.2012, 18:11)Kuwolsan schrieb: Mit welchen chinesischen Zeichen die Namen der Brüder von Kim Jong Il, nämlich vom Kim Pyong Il und Kim Yong Il (nachwievor) geschrieben werden, ist dir wohl auch bekannt?!
(> 김평일 = 金平一 = Kim P'yŏng'il)

Hier auf Baidu wird 김평일 in der Form 金平日 geschrieben. Allerdings mit der Erwähnung, daß auch die Form 金平一 existiert.
http://baike.baidu.com/view/5677623.htm

(08.12.2012, 18:11)Kuwolsan schrieb: Zu Kim Il Sung:
...
sinokoreanischen Wörter für ein Stern , in chinesischer Schrift: "一星".
Später wurde der Name wieder geändert, diesmal aber die Phonetik beibehalten, nur die Bedeutung auf: "Vollendung des Tages" (oder so ähnlich) = "Il Sung" = "일성" = "日成"
"日成" könnte man literarisch als "zur Sonne geworden" übersetzen.
Nomen est omen!
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#37
Ich weiß ja, dass ich nerve, aber ich möchte trotzdem nochmal meine beiden Fragen stellen:

Wie werden in Nordkorea die Unklarheiten vermieden, deretwegen man in Südkorea die chinesischen Zeichen einsetzen muss?

und

Was wurde in der Sprachreform, von der Rolle sprach, alles reformiert?


(Zu den Ausführungen über die chinesische Sprache könnte ich auch ein paar Sätze sagen, aber es wäre OT.)
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#38
(14.12.2012, 20:13)Kuwolsan schrieb: Bei "10. Politisches Lesebuch" bin ich mir bei der Übersetzung nicht so sicher!

Vielleicht kann da uns Rolle weiterhelfen?

Auf koreanisch steht da: 위정독본 (Wi-jong-dok-bon)

Dok-Bon ist irgendwie noch klar, das müßte Lesebuch (oder Lesen) heißen.
Aber Wi-jong ist so ein Wort, dass nur aus den chinesischen Zeichen verstanden werden kann.
Für Wi-jong aber gibt es wieder mehrere Möglichkeiten an chinesischen Zeichen, die dem Wort jeweils eine andere Bedeutung geben:
zB: 委政 oder 爲政 oder 衛正 oder 韋挺 oder 魏正 oder .... (alles das spricht man "Wi-Jong" aus)

Das wäre gerade so ein Beispiel, das Schwabe angesprochen hat. Eine koreanische Silbe kann sehr viele unterschiedliche Bedeutung haben, so das ohne Kontextwissen schwer zu verstehen ist, was gemeint ist.
Die von (Süd-) Koreanern oft gehörte Aussage, das koreanische Alphabet sei das Beste der Welt, muß man dann vielleicht etwas relativieren Shy

Gibt es im Koreanischen, (wie im Chinesischen) die Angewohnheit, von mehrsilbigen Wörtern in Zusammensetzungen Abkürzungen zu verwenden? Im chinesischen heißt z.B. Gesellschaft She-Hui 社会, Versicherung Bao-Xian 保险. Zusammengesetzt wird daraus 社会保险 - Sozialversicherung. Umgangssprachlich werden die vier Silben zu zwei Silben abgekürzt she-bao 社保.
Wenn es das auch im Koreanischen gibt, würde ich für 위정독본 "Lesestoff aus Verteidigung und Politik" als die wahrscheinlichste Übersetzung annehmen.
衛als Abkürzung für 衛國, 政als Abkürzung für 政治.

Die vier chinesischen Zeichenkombinationen 委政 oder 爲政 oder 衛正 oder 韋挺 oder 魏正 machen sonst alle keinen Sinn.
爲政 gäbe es noch, ein Teil der Annalen des Konfuzius, kann ich mir in Nordkorea aber als Lehrstoff nicht vorstellen.
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#39
@ "Blauer Apfel": Welche Schwierigkeiten würden eigentlich auftreten, wenn man zum Beispiel asiatische Sprachen in slawische oder kaukasische übersetzen will?

Ich frage deshalb, weil ich jemanden kenne (der halt eben diese Sprachen spricht), der sich vermehrt im asiatischen Sprachraum arragieren will, als Übersetzer halt.
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#40
(15.12.2012, 18:40)Juche schrieb: @ "Blauer Apfel": Welche Schwierigkeiten würden eigentlich auftreten, wenn man zum Beispiel asiatische Sprachen in slawische oder kaukasische übersetzen will?

Ich frage deshalb, weil ich jemanden kenne (der halt eben diese Sprachen spricht), der sich vermehrt im asiatischen Sprachraum arragieren will, als Übersetzer halt.

Keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Der Übersetzer muß eben beide Sprachen sehr gut sprechen und sich auch in der Fachthematik sehr gut auskennen.
Ein hervorragendes Beispiel sind die Übersetzungen der Ausgewählten Werke von Mao Zedong aus den 60er Jahren. Da hat der Übersetzer nicht Wort für Wort übersetzt, man merkt der deutschen Version nicht mehr an, daß es eine Übersetzung ist. Das bedeutet, daß man Sätze manchmal völlig umstrukturieren muß, manchmal auch einen Halbsatz im Deutschen zufügen muß.
Leider gibt es nur wenige gute Übersetzer. Was ich manchmal von Übersetzungsbüros bekomme, ist unbrauchbar, und auch über Dolmetscher bei deutsch-chinesischen Treffen könnte ich einiges erzählen.

Englisch - Chinesisch gibt es inzwischen viele gute Übersetzer, aber bei den "kleineren" Sprachen besteht sicher noch eine Marktlücke.
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