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Flüchtige kehrt zurück
#21
(29.06.2012, 21:09)Leser schrieb: @gutbrod: Die Erläuterung der Probleme nordkoreanischer Flüchtlinge finde ih sehr aufschlussreich und logisch.

Ein Aspekt, den ich für sehr wesntlich halte, kommt noch hinzu. Wer sein ganzes Leben in einem völlig anderen System verbracht hat, die dortigen Sichtweisen, Denkweisen, Verhaltensweisen und Abläufe verinnerlicht hat, ist komplett anders sozialisiert als ein Südkoreaner und wird auch deshalb große Probleme mit der Assimilation haben. Ausnahmen bestätigen die Regel, dennoch ist dies neben dem Mißtrauen und der Arroganz der Umwelt für viele Flüchtlinge ein Grund, sich im neuen Umfeld nicht zurechtzufinden und nicht in der Gesellschaft anzukommen.

Bemerkenswert ist die Haltung Nordkoreas, sich ihrer lediglich zur Propaganda zu bedienen statt sie zu bestrafen oder einzusperren. Ist dies ein Zeichen neuer Milde oder ein Einzelfall? Bisher wurde anscheinend anders mit Flüchtigen verfahren.

Oder war es, weil sie freiwillig zurückkam und vorher etwas ausgehandelt hat? Aber wie könnte so etwas funktionieren- Garantie der Straffreiheit gegen Propagandabeiträge müsste ja von ziemlich weit oben abgesegnet sein? Von wem und über wen? Und wer ist auf wen zugegangen?

Das dies ein Einzelfall war, glaube ich nicht. Es war nur der erste Fall, der öffentlich präsentiert wurde. Also, es ist klar, dass es dadurch nicht auch nicht soo viele gegeben haben wird, aber mehr als einer muss es wohl gewesen sein.
Außerdem waren "schlechte Behandlungen und Repressionen nach der Rückkehr" immer ein beliebtes Klischee westlicher Medien. Da hat sich die DVRK wohl wahrscheinlich gedacht, "machen wir es anders rum, und behandeln sie gut".
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#22
Hier ein aufschlussreicher Artikel von der Homepage der Stimme Koreas zu dem Thema. Er gibt sehr gut die Schwierigkeiten dieser Frau wieder, die sie beim Leben im imperialistischen System Südkoreas hatte.

Zitat:
Tatsachen über die rechtswidrige Anlockung und Entführung der DVRK-Bürger durch Südkorea

Am 28. Juni gab es im Kulturpalast des Volkes in Pyongyang, Hauptstadt der DVRK, eine Pressekonferenz mit Pak Jong Suk, die vor mehreren Jahren von den Südkoreanern angelockt und entführt worden war und von der verfaulten südkoreanischen Gesellschaft enttäuscht kürzlich in die Demokratische Volksrepublik Korea zurückkehrte. An der Pressekonferenz nahmen Frau Pak Jong Suk und ihre Familie, die koreanischen und ausländischen Reporter teil. Auf der Pressekonferenz ergriff zunächst Frau Pak Jong Suk die Worte und antwortete dann auf die Fragen der Reporter.
Mit der Hoffnung, den Vater zu treffen, ging sie im März 2006 nach China, wurde jedoch dort von den Mitarbeitern des südkoreanischen Informationsamtes nach Südkorea entführt und in einem Gebäude arrestiert. Pak Jong Suk sagte: "Damals wußte ich nicht, daß ich im berüchtigten Informationsamt Südkoreas war. Ich protestierte: ich wollte nach Qingdao gehen, um den Vater zu sehen. Warum bin ich hier? Ich muß schnell zurück. Wo ist mein Vater? Aber man wollte meinen Protest gar nicht hören. Danach begannen die Gehirnwäsche und die Überprüfung gegenüber mir. Wenn ich noch heute an die fürchterliche Bedrängnis und Angst von damals denke, wache ich erschrocken auf."
Sie erzählte dann, wie sie hilflos in die südkoreanische Gesellschaft geworfen wurde und wie jämmerlich ihre Lebenslage in Südkorea war. Für eine Frau, die in der DVRK ein sinnvolles Leben geführt hatte, war das Leben in Südkorea vollkommen nicht zu verstehen. Sie konnte dort einfach nicht leben. Im hohen Alter von fast 70 Jahren mußte sie aus Hilflosigkeit grosse Schande und Beleidigung dulden und tat alles, um Geld zu verdienen. Zum Beispiel kehrte sie die U-Bahn-Stationen und Appartementkorridoren, putzte Fahrstühle, flickte die Außenseite der Handgriffe an Wagen zusammen und montierte Fächer.
Sie mußte sogar gesundheitsschädliche Arbeiten wie Mückenschutzmittelverpackung leisten.
Sie fuhr fort: "Neben diesem harten Leben wurde ich auf Schritt und Tritt überwacht und abgehört. Daher verbrachte ich in großer Angst und Unruhe Tag für Tag. Der südkoreanischen Gesellschaft, in der Betrug, Lüge, Bestechung und Ränke herrschen, können sich die Leute wie ich gar nicht anpassen, und das Überleben jedes Tages ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Wunder."
In der südkoreanischen Gesellschaft, so Frau Pak Jong Suk, können sich die Kranken nicht behandeln lassen, seien überall die Arbeitslosen zu sehen, sei das soziale Übel zur Allgegenwärtigkeit geworden, schalte und walte nur das Geld und sei das menschliche Gefühl nirgendswo zu erleben.
Weiter betonte sie, die südkoreanische Gesellschaft, die die Menschen geistig und kulturell verderbe, sei verfault. Das betreffe nicht nur sie allein, sondern alle Leute, die von dem südkoreanischen Regime angelockt und nach Südkorea entführt worden seien.
Pak Jong Suk enthüllte, daß das südkoreanische Ri-Myong-Bak-Regime zahlreiche Anti-DVRK-Organisationen organisiert, darin viele Menschen aus Nordkorea aufnimmt und mit Geld, Gütern, allen Mitteln und Methoden tollkühne Machenschaften gegen die DVRK verübt. Sie war in Hoffnungslosigkeit und Gefühlsleere geraten und verfluchte sich selbst, die in der Gosse lag. Schliesslich entschloß sie sich dazu, ins gnädige Vaterland, zum großen Führer zurückzukehren.
Endlich befreite sie sich von der Überwachung durch die Agenten des südkoreanischen Informationsamtes und wurde unter die Obhut der Demokratischen Volksrepublik Korea, des mütterlichen Heimatlandes genommen, nach der sie sich auch im Traum gesehnt hatte.
"Der verehrte Herr Kim Jong Un tadelte mich gar nicht, obwohl ich eine untilgbare Sünde gegen die Partei und das Vaterland begangen hatte, nahm mich grossmütig unter seine warme Obhut und erwies mir großes Vertrauen und große Wohltaten, sodaß ich ein neues Leben führen kann. Vielen Dank, verehrter Herr Kim Jong Un!"
Pak Jong Suk und ihre Familie, die von der Dankbarkeit für die himmelhohe Liebe und Fürsorge Kim Jong Uns, der sie auf den Gipfel des Glücks brachte, zu Tränen gerührt wurden, sangen zum Schluß ein Lied.

Wenn ich mit dem Segel der Erinnerung
In die Vergangenheit zurückfahre,
Ist mein Leben voller Wechselfälle.
Wohin bin ich über die wilden Wellen gefahren?
Im Schoße des Feldherrn ist
Mein Leben vor Anker gegangen.

Durch die Pressekoferenz prangerte Frau Pak Jong Suk vor der ganzen Welt an, daß das südkoreanische Regime der einmalige Menschenjäger und größte rechtswidrige Menschenrechtsverletzer in der Welt ist.
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#23
Nach den Formulierungen in diesem nordkoreanischen Bericht ist mir endgültig klar, daß die Frau Propagandazwecken dient. Ich denke, die DVRK wird, wohl dosiert, noch mehrere solche Rückkehrer präsentieren.
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#24
Propaganda hin oder her, im Süden sind die Zustände nun einmal so, wie sie von Frau Pak Jong Suk beschrieben werden.
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#25
Kann ich ja nur aus der Ferne beurteilen, ich habe bisher nur Fernsehberichte über Südkorea gesehen. Tatsache ist wohl, daß es den Südkoreanern wirtschaftlich gut geht und die Arbeitslosigkeit niedrig ist.Allerdings weiss ich auch, daß der Konkurrenzkampf um die besten Jobs schon in der frühen Schulzeit losgeht und so gnadenlos ist, daß ich es meinem Kind nicht antun wollte.

Sieht man in Südkorea viel Elend auf den Straßen? Gibt es eine Gesundheitsversorgung, Sozialversicherung, Sozialhilfe, die auch funktioniert? Gehen die Südkoreaner unschön miteinander um, zählt dort wirklich nur das Geld? Ist die Gesellschaft so kalt? Ist es ähnlich wie in China oder noch schlimmer?
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#26
Fluechtlinge werden ja zuerst einmal in erheblichem Masse vom Sueden zu Propagandazwecken missbraucht.

Eine ganze Reihe Nordkoreaner gehen ueber die relativ offene Grenze nach China zum Arbeiten, nicht weil sie ihre Heimat nicht moegen oder ihnen das politische System nicht passt, sondern ganz einfach weil die Loehne in China deutlich hoeher sind. Nach einigen Wochen, Monaten, manchmal auch Jahren kehren sie wieder zurueck.
Bisher war das ein grauer/schwarzer Bereich, jetzt will China fuer Nordkoreaner verstaerkt Arbeitsgenehmigungen ausstellen, darueber wurde (glaube auch in diesem) Forum berichtet.

Es gibt Suedkoreaner, die sich nach Nordost-China einschleichen, und dort Nordkoreaner mit Versprechen und Drohungen dazu bringen, nach Suedkorea zu gehen (gerade militant-christliche Organisationen sind dabei aktiv). Einmal in Suedkorea wird mit viel Aufwand in der Presse darueber berichtet.
Dann versucht der suedkoreanische Geheimdienst so viel an Informationen wie moeglich herauszugekommen und dann haben sie ihre Schuldigkeit getan und koennen am Rande der Gesellschaft dahinvegitierten.
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#27
(30.06.2012, 10:55)teardown schrieb: Propaganda hin oder her, im Süden sind die Zustände nun einmal so, wie sie von Frau Pak Jong Suk beschrieben werden.
Nein. Das ist so grotesk überzeichnet, dass es schon wieder lustig ist.

Ein paar Sachen fallen mir bei den nordkoreanischen Pamphleten allgemein auf:
- Es wird fast nie etwas Konkretes berichtet. Nur immer ein allgemeines Geschwafel (sorry für den Ausdruck) wie friedlich und anständig die Leute (und das System) im Norden doch seien und wie verlogen, verderbt und aggressiv doch die im Süden; konkrete Beispiele und Fakten sind aber sehr dünn gesät

- Dass manche Flüchtlinge überwacht werden, kann ich mir vorstellen. Das ist vielleicht unschön, jedoch hat Nordkorea schon sehr viele Spione in den Süden geschleust. Dafür gibt es ja das Tunnelsystem. Weniger aufwändig dürfte es aber sein, wenn ein Agent sich einfach als Flüchtling ausgibt. So gesehen, ist eine gewisse Überwachung verständlich.

- Viele der jungen Flüchtlinge studieren in Südkorea. Andere mit guter Ausbildung arbeiten sicherlich in ihrem erlernten Beruf. Südkorea wäre ja doof, wenn es die bewusst links liegen ließe. Dass eine alte Frau (vielleicht ohne weitergehende Ausbildung) es dort schwierig hat, ist möglich. Verallgemeinern lässt sich das aber nicht.

- "Für eine Frau, die in der DVRK ein sinnvolles Leben geführt hatte, war das Leben in Südkorea vollkommen nicht zu verstehen. Sie konnte dort einfach nicht leben. Im hohen Alter von fast 70 Jahren mußte sie aus Hilflosigkeit grosse Schande und Beleidigung dulden und tat alles, um Geld zu verdienen. Zum Beispiel kehrte sie die U-Bahn-Stationen und Appartementkorridoren, putzte Fahrstühle, flickte die Außenseite der Handgriffe an Wagen zusammen und montierte Fächer.
Sie mußte sogar gesundheitsschädliche Arbeiten wie Mückenschutzmittelverpackung leisten."
Meine Frage: Gibt es in Nordkorea keine Leute, die kehren, Fahrstühle putzen, Sachen flicken oder Mückenschutzmittel verpacken? Und wenn es sie gibt: Führen die kein "sinnvolles Leben"?

- "Entführungen". Nordkorea spricht bei Flüchtlingen gern von "Entführungen". Hier wird aber mit keinem Wort berichtet, wie die angebliche Entführung vonstatten ging.
Mich würde dann interessieren, warum viele diese "Entführten" dann eigenständig den gefährlichen Weg durch China und Laos unternehmen, um schließlich in der südkoreanischen Botschaft in Bangkok ihre Entführung endgültig zu machen.

Außerdem:
Wenn diese Frau gegen ihren Willen entführt wurde, worin besteht dann ihre "untilgbare Sünde"?
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#28
Viele Antworten findest du schon im Posting von Blauer Apfel.

(30.06.2012, 12:33)Schwabe schrieb: Meine Frage: Gibt es in Nordkorea keine Leute, die kehren, Fahrstühle putzen, Sachen flicken oder Mückenschutzmittel verpacken? Und wenn es sie gibt: Führen die kein "sinnvolles Leben"?

Stellt sich die Frage ob ein Entführungsopfer in diesem Alter im Süden überhaupt eine Rente bekommt.
Sicher gibt es diese Tätigkeiten auch im Norden, aber ich denke hier spielt das Alter der Frau und ihre Qualifikation eine Rolle.
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#29
(30.06.2012, 09:38)Leser schrieb: Nach den Formulierungen in diesem nordkoreanischen Bericht ist mir endgültig klar, daß die Frau Propagandazwecken dient. Ich denke, die DVRK wird, wohl dosiert, noch mehrere solche Rückkehrer präsentieren.

Klar wird das jetzt propagandistisch ausgeschlachtet, aber das sie wirklich im Süden lebte wird ja inzwischen auch vom Süden bestätigt.
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#30
(30.06.2012, 12:33)Schwabe schrieb: Meine Frage: Gibt es in Nordkorea keine Leute, die kehren, Fahrstühle putzen, Sachen flicken oder Mückenschutzmittel verpacken? Und wenn es sie gibt: Führen die kein "sinnvolles Leben"?

Natürlich wird es sowas geben, nur halt eben unter viel besseren Bedingungen. Es ist immerhin ein Staat von Arbeitern, Bauern und Intellektuellen.
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