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Über essenstuben, Schwarzmärkte, Goldminen, Geschäfte und Bestechungen
#11
..bis dahin schon mal ein dickes Danke an Balkonskij !
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#12
Danke-Danke. Balkonskij :-)
Das war sehr nett von Dir , die Zeit für eine Übersetzung ans Bein zu binden.
Ich finde eine sinngemäße Übersetzung übrigens prima.

Es riecht nach wahrem Leben in dem Interview.

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#13
Zitat:Alternativ kann man auch mit seinen Vorgesetzten auf der Arbeit einen Deal eingehen (er nennt Summen von 5000-10000 Won) die man seinem Vorgesetzten z. B. in der Fabrik dafür zahlt, dass man nicht zur Arbeit erscheinen muss und stattdessen dann woanders (z. B. Markt) arbeiten kann.

Wer steht dann am Arbeitsplatz des "Freigestellten" und wie erklärt das der Vorgesetzte seinen Vorgesetzten? Das klingt wie an den Haaren herbeigezogen.
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#14
Das klingt (nur dann) an den Haaren herbeigezogen, wenn man den Zeitraum, wann sich das ganze abgespielt haben soll, außer acht läßt.

1994 - 1998 nennt die DVRK selbst die Zeit des "Ardous March", damals brach in der DVRK das Wirtschaftssystem ein, das Bezugsschein- und das Reisekontrollsystem zusammen und die Fabriken standen still. Jeder Bürger der DVRK war damals nur mit dem Überleben beschäftigt ...

Ein großes Dankeschön an Balkonskij, dass er den russischen Text auch uns zugänglich macht.

Was in der Einleitung des Interviews wohl zu erwähnen vergessen wurde, ist, dass es sich - ich bin ich überzeugt davon - um einen nordkoreanischen Flüchtling handelt, der vor 2003 nach Südkorea flüchtete !

Im Interview steht da so unkommentiert: seit 2003 betreibt er ein Geschäft in Südkorea ; vorher war er Restaurateur und Minenbetreiber in Nordkorea, ...

Der Übergang verlief sicher nicht so glatt und einfach, aber es entsteht irgendwie ein solcher Eindruck ... als ob ein Nordkoreaner legal von Südkorea aus seine Geschäfte im Norden weiterbetreiben würde ...
... wahrscheinlich erfahren wir genaueres in der Fortsetzung Balkonskijs ...

meint Kuwolsan
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#15
Ja- das sehe ich auch so Kuwolsan.
Hoffentlich hat Balkionskij heute Lust, weiter zu überstzen.
Wir beuten ihn ´ganz schön aus.

Hoffentlich hat Balkonskij heute Lust, weiter zu überstzen. ;-)
Wir beuten ihn ´ganz schön aus.
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#16
Okay, wenn privatwirtschaftliche Bestrebungen zeitlich begrenzt von der Regierung toleriert werden, um einer Krise entgegenzuwirken, kann das natürlich auch ein kluger und guter Schachzug sein.
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#17
Es zieht sich Rolleyes ... ich mache den dritten Teil morgen fertig, jetzt bin ich zu müde und mir fallen die Wörter nicht mehr ein.

Zitat:Fortsetzung, Teil 2

Wie denn die Beziehung zu den früheren Kollegen im Innenministerium gewesen sei, nachdem er Geschäftsmann geworden sei? Die Verbindung sei gut gewesen, sie hätten ihm immer geholfen, sein Geschäft beschützt. Er habe sogar jetzt noch Kontakt mit ihnen per Telefon. Ja, alle bei ihm im Ort (nahe der Grenze) hätten chinesische Mobiltelefone, die mit dem chinesischen Netz verbunden sind. Damit wird ganz normal zum chinesischen Tarif telefoniert.

Und was denn die machen würden, die nicht in Grenznähe leben, fragt der Russe? Die hätten in Sachen Mobiltelefon halt kein Glück. Wobei er glaube, dass jeder Mitarbeiter des Innenministeriums ein Mobiltelefon besitze. Auch wenn das offiziell nicht erlaubt sei.

Wie das denn mit den Kollegen aus dem Innenministerium sei, die werden ja auch nicht von 2000 Won / Monat gelebt haben, fragt der Journalist. Ja, die würden beim Grenzschmuggel dazuverdienen oder auf dem Markt. Sie erhalten Geld, um Gesetzesverstöße nicht zu bemerken. Ohne gegen die zahlreichen Auflagen zu verstossen, sei das Handeln ohnehin nicht möglich.

Dieser private Handel sei aber keine bewusste politische Reform gewesen, sondern die Regierung lässt das gezwungenermaßen zu, damit die Leute nicht verhungern. Und die Regierung versucht, die Kontrolle zu behalten. Beispielsweise gab es zu Beginn eine Liste mit Dingen, die man auf dem Markt verkaufen durfte. Es gab ein Gesetz, demzufolge man nicht mehr als zehn Einheiten Kleidung pro Ladentisch verkaufen durfte. Gegen Ende der 90er Jahre - Anfang 2000 gab es immer wieder Verordnungen, dass man nur Waren aus dieser Liste verkaufen dürfe bzw. nur so und so viele Einheiten einer Ware pro Händler. Zum Beispiel gab es von Zeit zu Zeit die Weisung, dass ein Händler nicht mehr als 20-30 kg Körner (Reis, Mais) verkaufen dürfe. Aber das wird ignoriert, es wird geschmiert und vergessen. Und dann gibt es wieder neue Verordnungen.

Als er dann in den Süden übersiedelte, ob er über die Verhältnisse dort erstaunt gewesen sei, will der Journalist wissen. Die Hügel seien bewaldet, antwortet der Nordkoreaner, bei Ihnen seien die Hügel "nackig" gewesen. Aber abgesehen davon war er nicht überrascht. Er hatte fortwährend südkoreanisches Fernsehen auf CD gesehen - Serien, Filme. Daher hatte er vom Leben im Süden eine gute Vorstellung.

Ob denn viele Nordkoreaner aufgezeichnetes südkoreanisches Fernsehen ansehen würden? Ja, viele würden das tun. Ungefähr 75-80% der Familien in seiner Stadt, unter seinen Bekannten. Das eigene Kino wird wenig angesehen, ausländisches und insbesondere südkoreanisches Kino auf CD sei ungeheuer populär. Die CDs kämen über Schmuggler aus China über die Grenze.

Dies bedeute, dass die Mehrheit über das Leben im Süden Bescheid wissen und über den Unterschied zum Leben im Norden? Ja, alle wüssten das. Und niemand behauptet, nicht mal offiziell, dass man in Südkorea schlechter lebt als im Norden. Das erzählte man früher, als es hieß im Süden herrschen Elend und Finsternis. Jetzt sagt man, dass es ihnen wirtschaftlich gut geht, es aber eine Blase sei, die von amerikanischen Infusionen aufgepumpt wird.

Ob es denn nicht gefährlich sei, CDs mit südkoreanischen Fernsehproduktionen zu besitzen, fragt der Russe. Ja, dafür könne man bis zu 3 Jahre bekommen. Aber trotzdem schauen es alle. Sogar die Polizei, der Geheimdienst, der Parteiapparat - sogar mehr noch als der gewöhnliche Bürger.

Kann er sich erinnern, dass jemand dafür verhaftet wurde? Ja, da habe es einen Vorfall gegeben. Vier Schulabsolventen seien über die Grenze nach China geschlichen und mit 800 CDs erwischt worden. Aber sie seien alle Kinder von örtlichen Beamten gewesen und daher mit nur 6 Monaten administratives (?) Gefängnis bestraft worden.

Und wie es mit Computern in Privatbesitz aussehe in Nordkorea? Der Nordkoreaner schätzt, dass ca. 20-30% der Familien in Städten einen besitzen. Früher sei der Besitz verboten gewesen, aber heute interessiere das niemanden mehr. Auch dann nicht, wenn er aus südkoreanischer Produktion stamme. Internet gebe es aber natürlich nicht.

Ob er denn Parteimitglied gewesen sei, fragt der Journalist, worauf der Nordkoreaner entrüstet mit "Ja natürlich" antwortet, die Frage stelle sich doch gar nicht. Der Russe ist seinerseits überrascht und fragt, ob er dann als Privatunternehmer noch seinen Pflichten nachgekommen sei, z. B. zu Parteiversammlungen gegangen ist oder zu Ideologieschulungen. Nein, er sei offiziell auf "Dienstreise" vermerkt gewesen und nahm deshalb nie an den Veranstaltungen teil.

Ein Geschäft zu betreiben sei mit Sicherheit angenehmer, wenn man über gute Kontakte zur Partei / Geheimdienst verfüge, fragt der Russe nach. Ja, natürlich ist die Antwort des Nordkoreaners. Die erfolgreichsten Leute seien jene, die Verbindungen nach China hätten oder zum staatlichen Außenhandel. Er persönlich kenne 2-3 Personen, die sehr gute Geschäfte mit Kohle machen, die sie in einem Schacht unter Pjönjang abbauen und dann in die Provinzen bringen, um es dort zu verkaufen.

Wen sie dafür bezahlen würden? Den Direktor des Schachts?

Ja, den Direktor. Eine Hälfte des Geldes sei ganz legal und gehe ins Budget - die andere Hälfte in die Tasche des Direktors. Auf der anderen Seite geht das, was in die Tasche des Direktors geht, nicht nur in seine, sondern er investiere es wieder in Ausrüstung etc., damit der Schacht betriebsfähig bleibe. Vom Staat erhalte er nämlich völlig unzureichende Unterstützung.

Ob sich dadurch die Direktoren der Betriebe nicht in Geschäftsleute verwandeln würden, fragt der Journalist? Ja, das sei so. Beispielsweise angenommen ein Werk produziere Schuhe. Für den Direktor ist es sehr verlockend einen Teil der Produktion zu stehlen und ihn auf dem Markt zu verkaufen. Und die Mitarbeiter der Minen verdienten sich durch den Verkauf von kleinen Teilen der Produktion in China etwas hinzu.

Was denn dann normale Beamte, Ärzte und Lehrer machen würden? Ja, Lehrer könnten kaum Handel treiben. Normalerweise unterstützen die Eltern der Schüler sie. Nicht immer freiwillig. Und wie es an den Hochschulen sei, fragt der Russe. Da sei es genauso. Studenten geben Geldgeschenke, um zugelassen zu werden. Seine Nichte studiere in Pjönjang Fremdsprachen. 1500 Dollar habe ihn die Zulassung gekostet. Er gab das Geld und sie wurde zugelassen. Ein Bekannter von ihm habe 1300 gegeben und sein Kind sei nicht zugelassen worden. Die Zulassung zur renommiertesten Universität des Landes - Universität Kim il Sung - kostet 5-6000 Dollar.

Ob es denn überhaupt Leute gebe, die nur für den staatlichen Lohn arbeiten würden, wundert sich der Russe. Praktisch nein. Erst heute morgen habe er zu Hause angerufen, der Preis für ein Kilogramm Körner Reis sei 1800 Won. Für einen Monatslohn bekomme man also nicht einmal 2 kg Reis. Die alte Staatswirtschaft in Nordkorea sei zusammengebrochen. Sie existiere praktisch nicht mehr. Alles konzentriere sich auf die private Wirtschaft rund um die Märkte.

Was denn mit den großen Werken geschehen sei, Chemie, Metallverarbeitung usw. fragt der Journalist. Die würden mehr oder weniger stillstehen. Wenn man das Produktionsniveau zu Beginn der 90er Jahre als 100% sehe, dann würden sie heute mit ungefähr 30% Effizienz arbeiten. In seiner Heimatstadt seien in den Gruben ca. 300 große Kipplaster im Einsatz gewesen, heute nur noch 50.

Ob diese Grube denn noch vom Staat betrieben sei, wie früher, will der Journalist wissen. Ja, für nordkoreanische Verhältnisse sei das sogar eine Vorzeigemine mit mehr als 10000 Arbeitern. Auch die Rüstungsindustrie hat die Produktion massiv verringert, nur noch die Wichtigsten arbeiten.

Wenn man die 80er Jahre mit ihrer Staatswirtschaft und die 2000er Jahre mit der Entwicklung von Privatwirtschaft vergleiche, zu welcher Zeit die Menschen denn besser lebten, will der Russe wissen.

Es sei jetzt besser meint der Nordkoreaner, ergänzt aber, dies stimme nur, wenn man über die 2000er Jahre rede und nicht über die insbesondere schwere Mitte bzw. zweite Hälfte der 90er Jahre. Gegen Ende der 90er Jahre sei aber schon eine Verbesserung eingetreten. In den 80er Jahren sei alles rund um Bezugsscheine organisiert gewesen. In den 90ern wurden diese Bezugsscheine zu wertlosem Papier, der Hunger begann. Die Leute suchten nach Auswegen. Man begann Felder in den Bergen anzulegen, man produzierte etwas, handelte und die Lebenssituation wurde besser. Und heute ist das bemerkbar. In den 80ern gab es 700 Gramm Körner pro Tag. 60% Reis, 40% Mais. (die Streitkräfte und der Parteiapparat erhielten 100% Reis), Schuhe und Kohle zum Heizen. Nicht ausreichend, aber man versorgte sie. Und heute - wenn man Geld hat, dann geht man einfach und kauft. Ein Beispiel: In den 80ern war es für einfache Leute fast unmöglich sich Lederschuhe zu leisten. Sie wurden nicht zugeteilt, zu kaufen gab es sie nirgendwo usw. alle gingen in Stoffschuhen. Aber heute trägt sogar ein normaler, nicht reicher Mensch Lederschuhe. Uhren waren ein Prestigeobjekt, die Waldarbeiter aus Russland brachten die Marken "Wostok" ("Osten") und Zariu ("Morgenröte"). Sie waren sehr beliebt. Aber heute ist eine Uhr nichts besonderes mehr.

Was für weitere Privatunternehmungen es denn in seiner Heimatstadt gebe, fragt der Journalist. Der Nordkoreaner führt an: Handel auf dem Markt - außerdem würden in seinem Bezirk zu Hause Schuhe gefertigt und Reifen für Fahrräder. Ferner gebe es Friseursalons, Apotheken, Massagen, Saunen, Baugewerbe, LKW-Transporte. Einige Leute würden auch aus China geschmuggeltes Benzin verkaufen, das sie zu Hause in Fässern lagern.

Ob es denn leichter oder schwerer werde, Geschäfte in Nordkorea zu machen. Der Nordkoreaner äußert, dass es seiner Einschätzung nach leichter werde. Die Infrastruktur verbessere sich. Früher sei allein die Bahn für den Warentransport durch das Land geeignet gewesen. Doch mit der Elektrizität habe es Ende der 90er Jahre große Probleme gegeben, die Züge seien damals tagelang liegengeblieben. Also transportierte man mit dem Laster und brauchte für ein paar Hundert km etwa 20 Tage. Heute, dank der Entwicklung des LKW-Verkehrs könne man die Ware über private Transportdienste in 5 Tagen verschicken.

Ungefähr ab 1998 begannen private Transportunternehmen mit ihren LKWs Transporte anzubieten. Heute würden diese privaten Transportunternehmen das ganze Land erreichen, über ein dichtes Netz. Zu Beginn sei das eine reine Privatangelegenheit gewesen, aber mittlerweile würden auch staatliche Organisationen diese Möglichkeit des Nebenerwerbs mit ihren Bussen und LKWs nutzen. Die Wagen der Privatunternehmer registriere man übrigens immer auf Organisationen, da dies das Problem mit der Erlaubnis zum Verlassen des eigenen Bezirks und der Ladung löse. Und überhaupt, mit Ausnahme von Pjönjang und den Bezirken mit strengeren Kontrolle könne man sich praktisch frei im Land bewegen, wenn man an den Kontrollpunkten ein bisschen Schmiergeld gibt.

Er glaube, dass Nordkorea das korrupteste Land auf der ganzen Welt sei. Von allen Ländern - sozialistisch, kapitalistisch, egal. Wenn man nur genug Geld habe, sei alles möglich.

In Russland, so der Journalist, seien die Anfänge des Kapitalismus mit der Erscheinung der Mafia / organisierter Kriminalität verbunden gewesen. Wie das in Nordkorea sei, fragt er. Daraufhin entgegnet der Nordkoreaner, bei ihnen greife der Staat hart durch, dadurch gebe es das nicht. Bei ihnen im Ort habe 2004 eine Gruppe Halbwüchsiger versucht eine Bande auf die Beine zu stellen und Schutzgeld zu erpressen, aber es ging schlecht für sie aus. Sie seien öffentlich erschossen worden. Es gebe sehr wenig Gewaltdelikte / schwere Verbrechen in Nordkorea.

Das der Journalist zum Schluss auf die Russische Mafia zu sprechen kommt, zeigt, dass er den gleichen Gedankengang hatte wie ich - nämlich, hey! Das ist bei denen ja so, wie es bei uns Ende der 80er / Anfang der 90er war! Big Grin
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#18
Was für eine Arbeit. Sagte ich schon Danke?
Ich freue mich schon auf den dritten Teil! Halt durch! Es lohnt sich Deine Zusammenfassung zu lesen. Wirklich gut!
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#19
von mir auch herzlichen Dank!
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#20
ShyShyRolleyesRolleyes!!!
Ein dickes Dankeschön dem Übersetzer!!!

Cu

班德
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