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Friesenlümmel für Asien
#1
Fehlt nur noch das Belgische Bier, und die Französischen Autos, dann hat sich Südkorea komplett verloren! Pop-Musik, Kinder die zur Adoption "en masse" abgegeben werden, Deutsche Würste ...

Gott sei Dank erleidet Nordkorea nicht solch einem Traditions,- und Kulturverlust! Genauso wenig wie Vietnam. Dem erspartem Angriff der U.S Invasoren sei dank!
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http://www.zeit.de/2011/07/WOS-Schlachterei

Weltumspannend ist diese Appetitgeschichte, die vor einem Jahr in einem Bredstedter Wohnzimmer beim Abendbrot begann. Bredstedt, das liegt ganz oben in Deutschland, nördlich von Husum, schon kurz vor Niebüll. Der südkoreanische Honorarkonsul Martin Chi saß mit fünf Landsleuten aus der Provinz Namhae am Esstisch der Familie Schubert; man hatte zuvor im Rahmen der Völkerverständigung ein Krankenhaus und eine Käserei besucht und unterhielt sich nun über die unterschiedlichen Tischsitten hüben und drüben, als Frau Schubert die Schnittchen auftrug. Es gab Schinken, Käse und Wurst. Schmeckt gut, fanden die Gäste, besonders die Wurst. Woher die denn komme? Natürlich von Kinsky, Bredstedter Schlachter in dritter Generation!
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»Sehr lecker, sehr lecker«, schwärmt der Honorarkonsul noch immer, wenn er sich an jenes Abendessen im Hause Schubert erinnert. »Die Wurst – ganz anders als in Korea. Gute Gewürze.« So gut, dass er bei seinem nächsten Besuch in Korea der Sozialwissenschaftlerin Frau Lee davon erzählte. Er kennt sie von einer Universität in Seoul, an der beide gelegentlich lehren. Kui Kyung Lee hat über Beschäftigung und Rehabilitation promoviert; sie führt die Geschäfte einer Stiftung namens Peacevillage, in der geistig Behinderte allerlei Dinge herstellen, auch Wurst.

Und nun hört Frau Lee von dieser sagenhaften norddeutschen Wurst! Doktor Lee fragt Doktor Chi, Doktor Chi fragt Thomas Schubert von der Kreisverwaltung Nordfriesland, Thomas Schubert fragt Arne Kinsky, ob eine Besichtigung seiner Schlachterei möglich sei. So kam Frau Lee im Januar 2011 nach Nordfriesland. »Noch während der Besichtigung fragte sie, ob sie hier ein Praktikum machen könne, am besten sofort«, erinnert sich Herr Schubert. Eine Woche später fing sie an.

So steht jetzt Doktor Kui Kyung Lee aus Seogwipo auf Jeju-do, der größten Insel Südkoreas, in der Produktionshalle der Firma Kinsky Fleischwaren in Bredstedt und hält einen Kunstdarm vor die Öffnung der Wurstfüllmaschine, bis er prall mit Mett gefüllt ist. Sie kippt Speckstücke in einen Hacker und Fleisch in den Wolf. Zwischendurch macht sie sich Notizen. Seit vier Wochen, jeden Tag von vier Uhr früh bis nachmittags um zwei. Die 51-Jährige hat es sich in den Kopf gesetzt, Bredstedter Wurst in Korea herzustellen.

Die Schlachterei Kinsky empfängt gern Besucher, so sie denn Kittel, Haube und Überschuhe tragen. In der vergangenen Woche haben Journalisten aus vier Redaktionen das Regal mit den Einwegkitteln fast leergeräumt. Alle wollen die Koreanerin am Fleischwolf erleben. Der Schlachtermeister sieht’s mit Wohlgefallen. Sein Firmenemblem ist jetzt auf vielen Zeitungsfotos zu sehen. Kinsky, Bredstedt, bekannt durch Korea.

Was weiß der Schlachter über die asiatische Fleischverarbeitung? »Frau Lee hat sogar die gleiche Wurstfüllmaschine wie wir in ihrem Betrieb«, sagt er anerkennend und klopft auf das Edelstahlgerät. »Handtmann, der Mercedes unter den Wurstfüllmaschinen.« Kinsky hat keine Bedenken, der koreanischen Praktikantin alte Familienrezepte zu verraten. Aus Asien fürchtet er keine Konkurrenz. Von einem deutschen Kollegen ließe er sich nicht über die Schulter schauen, schon gar nicht von einem großen Betrieb, der seine Ware abgepackt im Supermarkt verkauft. »Das schmeckt doch alles gleich«, sagt er. »Unsere Wurst schmeckt wie Kinsky-Wurst.«

Den Export Bredstedter Wurstgeheimnisse in den Fernen Osten betrachtet Thomas Schubert, Jurist in der Husumer Kreisverwaltung, als großen Erfolg. Vor 14 Jahren bestimmte sein Landrat, er möge sich um eine südkoreanische Delegation kümmern, die sich kurzfristig angemeldet hatte. »Sie hatten sich Nordfriesland ausgeguckt, weil wir genauso dezentral liegen wie Namhae.« Die informelle Partnerschaft besteht seither darin, dass der Honorarkonsul Chi einmal im Jahr bei Schubert anruft und ankündigt, er werde bald mit einigen Landsleuten vorbeischauen. Schubert organisiert dann mal Betriebsbesichtigungen, mal ein Trainingslager für eine koreanische Jugend-Fußballmannschaft. Natürlich soll das alles möglichst nichts kosten. Immerhin durfte Herr Schubert einmal zusammen mit dem Kreispräsidenten eine Dienstreise in das Nordfriesland Südkoreas unternehmen.
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Schlagworte
Wissenschaftler | Südkorea | Arbeit

Frau Lee nickt und lächelt, auch wenn die englische Konversation nur mühsam tröpfelt. Versteht man sich gar nicht, so schlägt sie ihr Notizbuch auf, schreibt, malt und zeichnet oder tippt auf ein Wort. Welches ihre Lieblingssorte sei? Frau Lee blättert: Holsteiner Mettwurst. Was es in Korea gebe? Sie lächelt und gestikuliert und sucht nach Begriffen: Es gibt wohl so etwas wie Fleischwurst. Und wie man die Wurst in Korea esse? In kleine Stücke geschnitten und gebraten, als Beilage zum Reis. Oder im Teigmantel gebacken, wie sonst Gemüse.

Frau Lee möchte ihren Landsleuten nun die Wurst als Wurst nahebringen, als – wenn wir sie recht verstehen – »gesunde Zwischenmahlzeit«.Mini-Salamis à la Kinsky will sie auf den Markt bringen. Über einen geeigneten Namen wird sie noch nachdenken müssen. Oder kann der alte bleiben, Friesenlümmel für Korea?
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