(23.12.2012, 11:27)Rolle schrieb: Da es hier diskutiert wurde, ich zitiere mal gekürzt aus einer Militärzeitschrift :Aber das ist doch mal ein interessanter Bericht von Rolle. Ich dachte, an Rüstungsgeschäften machen sich nur die imperialistischen Staaten, allen voran die USA, die Finger schmutzig? Jedenfalls wollte mir teardown dies immer erzählen!
" Das nordkoreanische Trägersystemprogramm: Entwicklung und Export
Der Beginn des nordkoreanischen Raketenprogramms kann auf Ende der 60er-Jahre datiert werden. Zunächst importierte der Norden einzelne FROG-Systeme aus der Sowjetunion die jedoch bald unabhängig hergestellt wurden. Berichten westlicher Geheimdienste zufolge entwickelte Nordkorea seit den 70er-Jahren ballistisch Trägersysteme für das eigene Militär, aber auch für die Ausfuhr, vornehmlich in den Nahen und Mittleren Osten. Ein Grund für den Ausbau des Raketenprogramms dürfte die anlaufende südkoreanisch Produktion von Kurzstreckenraketen des Typs Paekkorn (Eisbär) gewesen sein, die ihrerseits als Reaktion auf die nordkoreanischen FROG-Waffen gelten konnte.
Zu Beginn des Raketenprogramms erhielt Pjöngjang chinesische Unterstützung und sowjetische Kurzstreckenraketen vom Typ Scud-B, die es weiter entwickelte. Nach der Verschlechterung der sowjetisch-nordkoreanischen Beziehungen 1972 erweiterte sich der Kreis der Kooperationspartner. Im Austausch für seine Unterstützung im Krieg gegen Israel wurde der Norden nun von Ägypten mit moderner sowjetischer Raketentechnologie versorgt. Im Zuge eines neuntägigen Staatsbesuches in China sicherte die chinesische Führung dem nordkoreanischen Präsidenten Kim Il-Sung Unterstützung bei der Entwicklung und Produktion einer Kurzstreckenrakete zu, der DF 61. 1978 wurde das DF-61-Programm jedoch von der chinesischer Führung fallen gelassen, und die nordkoreanische Führung entschloss sich kurze Zeit später auf Grund mangelnder Unterstützung aus Moskau und Peking zum Aufbau eines unabhängigen Raketenprogramms.
Technische Schwierigkeiten führten nach kurzer Zeit zu eine engen Zusammenarbeit mit Ägypten, welches Anfang der 80er Jahre einzelne sowjetische Raketen des Typs R-17E an Nordkorea lieferte. Nordkoreanische Ingenieure benutzten die R-17E als Vorlage für die nordkoreanische Hwasong 5-Rakete (Mars), an der im Oktober 1983 erstmalig auch der Iran Interesse zeigte. Prototypen der Hwasong-Rakete wurden erstmals im April und September 1984 getestet. Sie kann als erster „nordkoreanischer Raketentyp" gelten, der in Serie produziert wurde.
Mit der Hwasong 5-Femlenkwaffe etablierte Nordkorea auch ein ernst zu nehmendes Raketenexportprogramm. Neben der engen technischen Kooperation mit Äypten schloss Pjöngjang im Juni 1987 einen Rüstungsvertrag über 500 Mio. USD mit dem Iran, der auch die Lieferung von ca. 100 Hwasong umfasste. Diese wurden im ersten Golfkrieg primär gegen Bagdad und andere bevölkerungsreiche Städte des Irak eingesetzt. Der erfolgreiche Export der Hwasong und die erweiterten politischen Vorgaben beflügelten das nordkoreanische Raketenprogramm zu Beginn der 90er-Jahre.
Bereits im Juni 1990 wurden die neuen Hwasong-6-Systeme (so genannte Scud-C) getestet und wenig später an den Iran und Syrien verkauft. Beide Staaten etablierten mit nordkoreanischer Unterstützung eigene Raketenproduktions- und Teststätten. Von den insgesamt bis heute produzierten 600-1.000 Scud-C sollen etwa 300-500 exportiert worden sein. Neben Vietnam, das Ende der 90er Jahre einige wenige Hwasong-Systeme erhielt, erwarben der Sudan und Libyen nordkoreanische Raketentechnologie.
Dem nordkoreanischen Militär standen nach Angaben des US-Militärgeheimdienstes DIA Mitte der 90er-Jahre mehrere hundert der Hwasong-5/6-Kurzstreckenraketen zur Verfügung. Sie können einen 700 Kilogramm schweren Sprengkopf ca. 500 Kilometer weit - und damit über das gesamte südkoreanische Territorium inklusive der Insel Chejudo - tragen. Ferner ist es möglich, sie sowohl von fest installierten als auch mobilen Abschussrampen zu starten. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums können diese Raketen mit biologischen und chemischen Sprengköpfen bestückt werden.
Ende der 80er-Jahre begann Nordkorea die Entwicklung eines Mittelstreckenraketensystems. Es kann durch eine verbesserte Reichweite sowohl ganz Japan als auch die US-Basen auf Okinawa erreichen und ist in der Lage, einen Atomsprengkopf der ersten Generation zu tragen. Es wurde so konstruiert, dass es in Systeme mit größerer Reichweite eingegliedert werden kann. Um den technischen Schwierigkeiten bei der Entwicklung leistungsfähigerer Antriebs- und Zielerkennungssysteme Herr zu werden, wurden von nordkoreanischer Seite ukrainische, russische und chinesische Raketentechniker hinzugezogen.
Diese Mittelstreckenrakete wurde erstmals Ende Mai 1993 getestet. Da der Antrieb dieser ersten Rakete - sie wird nach dem Ort der ersten Sichtung durch westliche Geheimdienste Nodong genannt - auf der Technologie der Scud-C-Rakete basierte, erreichte die Nodong 1 lediglich eine Reichweite von ca. 1.000 Kilometern. Eine modifizierte Version, die Nodong-2, soll durch eine Verringerung des Eigengewichts eine leicht verbesserte Reichweite von 1.500 Kilometern erzielen können. In Anbetracht der bisherigen nordkoreanischen Raketenexportpolitik wurden durch die erfolgreiche Fertigstellung dieser Waffe nicht nur Japan, sondern durch den Export in den Iran und Pakistan (sowie möglicherweise Libyen und Syrien) auch weite Teile Südostasiens, Israel und die südlichen Mittelmeeranrainerstaaten der EU bedroht.
Mit der im August 1998 getesteten Taepo-Dong-I-Rakete dringt Nordkorea weiter in den Langstreckenbereich vor. Die konventionelle Taepo-Dong-I-Rakete trägt einen etwa 1.000 Kilogramm schweren Sprengkopf zwar lediglich 2.500 Kilometer weit, doch erreicht die im Herbst getestete Taepo-Dong-Rakete mit Space Launch Vehicle (SLV) nach ihrem Wiedereintritt in die Atmosphäre ca. 4.000 Kilometer. Das in der Entwicklung befindliche Nachfolgemodell Taepo-Dong-II soll mit einem Sprengkopf geringeren Gewichts (unter 500 Kilogramm) Reichweiten bis zu 8.000 Kilometer erzielen können.
Während die Zukunft des Taepo-Dong-Programms angesichts der zahlreichen wirtschaftlichen und politischen Einflussfaktoren schwer prognostizierbar erscheint, ist gewiss, dass Nordkorea in der zweiten Hälfte der 90er Jahre auch Taepo-Dong-I-Systeme bzw. -Technologie in den Iran und nach Pakistan geliefert hat. Derzeit unklar ist ob Ägypten, Libyen und Syrien diese Mittelstreckenraketen zum Stückpreis von 6 Mio. USD erworben haben. "
Quelle : Österreichische Militärzeitschrift nr. 4 / 2002 Seiten 416 ff.
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