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Nordkorea-Reisevortrag in der Reisekneipe Dresden
#7
Im Allgemeinen erwarte ich von Gelegenheitsreferenten keine ausgesprochen brilliante Vortragskultur, aber er sollte inhaltlich fit sein. Beim Reisevortrag in der Reisekneipe Dresden am 14. Juni 2012 hatte ich so meine Zweifel.
Doch von vorn: Der junge Mann von etwa Mitte 30 kam auf die Idee (über seine Motive hat er nichts gesagt) zum 100. Geburtstag von Kim Il Sung nach Nordkorea zu reisen. Nun wieder zurückgekehrt, stellte er in einem Reisevortrag mittels Fotos und kurzen Videosequenzen seinen 9tägigen Aufenthalt in Nordkorea vor.
Wenn der Referent nach einleitenden Sätzen damit beginnt, dass er sich auf die Reise nicht vorbereitet hat und mit der Vorstellung dorthin reiste, dass es "in Pjöngjang nur Lehmhütten" gebe, ahnt man schon einiges. Als er dann später den Witz erzählt (ich verstand, dass Frage in der Reisegruppe gestellt wurde), wonach der Reiseleiter/Übersetzer auf die Frage, wo denn die Altstadt Pjöngjangs zu sehen sei, antwortete: "Daran wird noch gebaut.", sagt das eigentlich alles über den Charakter des Vortrags aus.
Da helfen auch keine ausgleichenden, entschuldigenden Worte, wie: "Wenn man von klein auf so beimpft und erzogen wird" oder dass "die Nordkoreaner auch fröhlich sind ihr Leben genießen und viel Spaß haben". Viele Foto- und Videosequenzen waren so ausgewählt, um mit vielen seiner Kommentare Skurilles, Eigenartiges und Vorurteile zu zeigen bzw. zu belegen und einigemale sogar Vorführung zu betreiben. Vielleicht war es gar nicht seine ursprüngliche Absicht, aber nachdem er einige Lacher auf seiner Seite hatte, gab er seinem Affen Zucker. Sein Skript lies er Skript sein. Einige fehlende Begriffe und Namen hat er vielleicht darauf notiert, sah aber bei Bedarf nicht nach. Sein Text war ziemlich mit Anglizismen angefüllt. Ständige flapsige Begriffe, wie z.B. "Touries" waren zu hören. Erklärungen klangen wie aus der Legenden- und Gerüchteküche. Nichts oder zu wenig zu Geschichte, Landschaft und Natur und die Spezifika Juche und Songun.
Ein Foto einer CD-Rückseite mit skurril klingenden Liedertiteln las er beispielhaft englisch vor, ohne sie zu übersetzen. Das Publikum war bunt gemischt, aber auch einige ältere Semester hatten sich zum Vortrag auf den Weg gemacht, von denen die wenigsten Englisch verstehen.
Wer, wie ich schon einiges an Reiseberichten und Fotos zu Nordkorea las bzw. sah, hat zu diesem Vortrag nichts Neues mehr zu erwarten. Trotzdem gab es neben Altbekanntem trotzdem auch noch, wenn nicht Neues, so doch Interessantes für mich. Ein Entbindungskrankenhaus wurde von der Touristengruppe besucht und die Kim-Il-Sung-Unterrichtsstunde in einem Kindergarten gezeigt.
Eines ist mir auch klar geworden, nämlich dass der Ansturm der ausländischen Besucher im April dieses Jahres sicher an die Substanz der nordkoreanischen Gästebetreuung ging.
Als zum Schluss Fragen gestellt wurden, traute sich doch einer zu Kritik, indem er sagte, dass er es "doof fand, wie arrogant und flapsig er vieles kommentiert und ins Lächerliche gezogen hat." Bei ihm habe ich mich dann noch dafür bedankt und ihm zugestimmt.
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RE: Nordkorea-Reisevortrag in der Reisekneipe Dresden - von Martin - 14.06.2012, 21:32

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