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Normale Version: Chinesische Mauer?
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sepp811

Nach auf Wikipedia veröffentlichten Karten ging das östliche Ende der Chinesischen Mauer in das Gebiet des heutigen Nordkorea hinein:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:...China2.png
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:...s_CE_2.jpg
Hierüber habe ich bis jetzt in den Büchern über Nordkorea noch nie was gelesen. Weiß da wer mehr darüber? Ist davon noch was erhalten?
Hallo sepp,

bin zwar kein Historiker, aber versuche mal deine Frage nach einer chinesischen Mauer auf heutigem nordkoreanischen Gebiet zu beantworten:

Die untere Karte zeigt China zur Zeit der Han. Die Han-Dynsatie gab's ca. von 200 vor bis 200 nach Chr. (ist also schon lange her). Die Han mußten sich vor allem gegen die Hunnen (auf der Karte in der chin. Sprache als Xiongnu angeführt) verteidigen. Dazu errichteten die Han im Norden ihres Reiches lange Erdwälle, die aber bis auf wenige Überreste in der Wüste Gobi (dort ist das Klima besonders konservierend) alle wieder verschwunden sind.

Die uns bekannte "Chinesische Mauer" als Steinmauer wurde erst in der Ming-Zeit im 15. und 16. Jhdt. errichtet. Davon gibt noch viele zerfallene Überreste und für uns heutige Touristen wurden besonders um Peking herum einige kurze Abschnitte neu rekonstruiert.

Der östlichste Punkt dieser Ming-Steinmauer ist auf dem Hushan (kor.: Hosan), einem kleinem Hügel (ist der einzige Hügel in der Gegend) 15km nördlich (flußaufwärts) des modernen Dandong gleich neben dem Yalu (kor.: Amnok) auf chin. Seite um 1469 errichtet worden. Auch dort wurde nun ein kurzer Abschnitt restauriert und heute tummeln sich tausende chin. Touristen an diesem östlichen Ende der Chinesischen Mauern und werfen vom Hügel einen Blick hinüber über den yalu nach Nordkorea.

Aber auch in Korea gibt (gab) es eine "Lange Mauer" (!):

Die wurde in 12-jähriger Arbeit (1033-1044) unter König Chongjong der koreanischen Koryo-Dynastie zur Abwehr der nördlichen Nachbarn, das waren die Khitan (westlich des Yalu) und die Manchu (östlich des Yalu), gebaut. Die Mauer verlief von (etwa) Sinuiju quer über die Halbinsel nach (dem heutigen Gebiet um) Hamhung.
Auch diese Mauer zerfiel im Laufe der Jahre, doch einige Reste bleiben bis heuzutage über und an wenigen Stellen hat die KDVR - wie in China - Teile der alten Abwehranlagen wieder rekonstruiert und wird von nordkoreanischen Touristen besucht. Westliche Touristen oder Freunde der KDVR können-dürfen da momentan noch nicht (?) hin, da offiziell noch nicht als Besuchsgebiet freigegeben.
Auch wenn man die KCNA-Nachrichten genau durchstöbert, kann man hin und wieder Hinweise auf die Rekonstruktion der koreanischen
"Langen Mauer" finden.

Doch zurück zur Karte der "Chinesischen Mauer" zur Han-Zeit:

Vereinfacht ausgedrückt: Wo heute Pyongyang ist lebten vor 2000 Jahren Chinesen, und wo heute Shenyang ist, lebten vor 2000 Jahren Koreaner (also total verkehrt zur heutigen Situation). Auf der Karte, sind FUYÜ, GAOGOULI, SUZHEN, OKCHO, HUIMO eingezeichnet, das sind alles protokoreanische Stämme, die aufgrund der harschen Lebensbedingungen dort halbnomadisierend (genauso wie die Xiongnu=Hunnen und Xianbi weiter westlich) herumzogen.
Ziel all dieser Stämme war der klimatisch bevorzugte Süden, da waren aber die Chinesen oder mit denen verbundene Stämme.
Ähnlich wie bei hier in Europa zur Zeit der Völkerwanderung herrschte in China von etwa 250 bis 550 nach Chr. totale Konfusion und in dieser Zeit zogen die bisher nördlichen protokoreanischen Stämme Richtung Südosten auf die koreanische Halbinsel und die Chinesen (die bis dahin um Pyongyang wohnten) zurück ins chinesische Reich Richtung Westen.
Im Jahre 427 n. Chr. verlegte etwa Gaogouli=Koguryo seine Hauptstadt von Jian (im heutigen China) nach Pyongyang (heute Hauptstadt der KDVR).

Zur Zeit verhält sich ein Großteil Historiker in China und Korea (Süd- als auch Nord-) für unser Verständnis als relativ nationalistisch, und wo irgendwo vor tausenden Jahren koreanische Stämme auf heutigem chin. Gebiet umherzogen wird als koreanischen Gebiet reklamiert und umgekehrt meinen die Chinesen, dass Teile der koreanischen Geschichte ja eigentlich die chinesische Geschichte darstellen.

Die von dir, Sepp, verlinkte Karte, hat ein natürlich ein Chinese entworfen, der damit auf die chin. Geschichte auf heutigem kor. Gebiet hinweisen möchte. Andererseits gibt es moderene koreanische Karten, wo der Großteil der Mandschurei für Korea beansprucht wird.

In Pyongyang gibt es übrigens noch jede Menge Hinweise auf die einstige chinesische Stadt und ihre chin. Bevölkerung. "Naknang" (auch als Nangnang oder Rakrang oder Raklang geschrieben, die Aussprache ist im korean. bei allen vier Varianten gleich) war der Name der Chinesischen Provinz um Pyongyang und "Tosong" der Name der Hauptstadt; die Stadt lag genau südlich des Taedong-Flusses, die alte Stadt mit Stadtmauer kann auch besichtigt werden und rundherum gab (gibt) es tausende (Hügel-)gräber, wo die Verstorbenen nach chin. Sitte bestattet wurden. (Die meisten davon wurden in den letzten Jahren leider eingebnet).
Wenn man darauf besteht, werden einem aber auch heute die best erhaltenen Grabanlagen gezeigt.

Wie oben gesagt tut sich die gegenwärtige Geschichtschreibung in der KDVR schwer mit der chin. Geschichte um Pyongyang und so beschreibt die KCNA in Artikeln, die Nangnang betreffen, in etwa "vor 1700 Jahren gab es in Pyongyang ein anderes koreanischen Königreich namens Nangnang ..."

Also sepp, die chinesische Karte mit der chin. Mauer in Nordkorea nicht so ernst nehmen, wie die ganze Geschichtschreibung im Fernen osten stets mit Vorsicht zu genießen ist...

LG, Kuwolsan

sepp811

Danke Kuwolsan für deine Erklärungen. Schön, dass wir einen so guten Kenner der Gegend im Forum haben!